Eine populärwissenschaftliche Zusammenfassung
Autismus wird oft als “Spektrum” beschrieben – ein Begriff, der Vielfalt suggeriert, aber wenig erklärt. Warum zeigen manche Menschen soziale Rückzugstendenzen, andere Sprachbesonderheiten, wieder andere intensive Spezialinteressen? Die gängige Diagnostik sammelt diese Symptome wie Puzzleteile ohne Bildvorlage. Doch was, wenn alle diese Verhaltensweisen Folgen einer gemeinsamen Ursache sind?
Die revolutionäre These:
Viele “autistische” Verhaltensmuster sind keine Störungen an sich, sondern clevere Anpassungsstrategien an eine anders funktionierende sensorische Wahrnehmung.
Stellen Sie sich vor:
Für viele Autist:innen ist dies Alltagsrealität. Ihr Nervensystem verarbeitet Reize anders – manche werden verstärkt, andere gefiltert, manche Sinneskanäle sind überempfindlich, andere unterempfindlich.
Aus dieser sensorischen Besonderheit entstehen logische Überlebensstrategien:
Verhalten | Mögliche Ursache | Beispiel |
---|---|---|
Sozialer Rückzug | Schutz vor Reizüberflutung in Gruppen | Kind verlässt die laute Schulfeier |
Sprachvermeidung | Energieersparnis bei auditiver Überlastung | Nonverbale Kommunikation per Tablet |
Repetitive Bewegungen | Selbstberuhigung durch kontrollierte Reize (Stimming) | Händeflattern, Summen, Rhythmik |
Spezialinteressen | Fokus auf vorhersehbare, sichere Reizwelten | Obsessive Kenntnis von Zugfahrplänen |
Aktuell lautet die Diagnoselogik:
“Wenn jemand sozialen Rückzug + repetitive Bewegungen zeigt = Autismus”
Doch dieses Vorgehen hat drei Probleme:
“Autismus” ist somit kein festes “Wesen”, sondern ein Notfallplan des Gehirns für den Umgang mit einer reizintensiven Welt.
Forschung sollte:
Therapie sollte:
Eine Jugendliche beschreibt es so:
“Als ich meine sensorischen Trigger verstand, wurde mein Verhalten für andere plötzlich logisch. Ich muss mich nicht mehr ‘erklären’ – wir gestalten jetzt gemeinsam meinen Raum.”
Autismus lässt sich nicht auf eine Ursache reduzieren. Entscheidend ist das Zusammenspiel von:
“Wie viele Arten zu fühlen und wahrnehmen haben Platz in unserer Welt?”
Statt Menschen in Schubladen zu drängen, sollten wir fragen:
“Welche Bedingungen brauchst du, um dich sicher und leistungsfähig zu fühlen?”
Autismus ist keine Störung, die wir “reparieren” müssen. Er ist eine andere Art der Weltwahrnehmung, die:
Wie Temple Grandin, Autistin und Professorin, sagt:
“Die Welt braucht verschiedene Denker: Die Künstler, die Mustererkennung, die Detailverliebten.”
Indem wir sensorische Unterschiede ernst nehmen, wandeln wir Therapie von Anpassung an Normen zur Kooperation zwischen Neurotypen.
Inspiriert von: Grandin, T. “Thinking in Pictures”; Bogdashina, O. “Sensory Perceptual Issues in Autism”
Dies ist eine populärwissenschaftliche Zusammenfassung des ausführlichen wissenschaftlichen Originalpapiers.